Wussten Sie schon…


….wie Leistungsmessungen am Prüfstand richtig durchgeführt werden?

Da es mittlerweile viele Werkstätten und Tuner mit Leistungsprüfständen gibt, ist es für jeden Kunden erschwinglich geworden eine Leistungsmessung an seinem Fahrzeug durchführen zu lassen.

Leider erfolgen die meisten Leistungsprüfungen nicht unter Realbedingungen folglich sind die Leistungsdiagramme schlicht weg falsch.

Nicht selten kommt es vor, dass hier das Fahrzeug am Prüfstand nicht die vom Hersteller angegebene Leistung erzielt.

 

Folgendes ist bei Leistungsmessungen zu beachten:

Welcher Prüfstand erzielt am ehesten Realwerte?

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Rollenprüfständen. Scheitelrollen- (= Einrollen-Prüfstände) und Doppelrollen-Prüfstände (Zweirollen-Prüfstände). Beide arbeiten mit verschleißfreien Wirbelstrombremsen, die mittels elektromagnetischer Kraft ein Gegenmoment zur Radkraft erzielen. Das Fahrzeug wird also gebremst und der Motor belastet.

Beim Doppelrollenprüfstand laufen die Räder zwischen zwei Rollen deren Durchmesser kleiner ist als beim Scheitelrollenprüfstand. Somit ist die Reifenauflagefläche kleiner und die Gefahr von „Schlupf“ größer als beim Scheitelrollenprüfstand.

Die realistischere Messung wird also beim Scheitelrollenprüfstand erzielt, zumal die Reifen auch weniger Walkarbeit verrichten müssen.

                                                       Doppelrollenprüfstand                                                                                          Scheitelrollenprüfstand

Zu beachten ist auch, dass Leistungsmessungen bei Prüfständen in Berggebieten zu vermeiden sind, da Aufgrund der Seehöhe und des andere Luftdruckes bzw. Luftmasse nicht die vom Hersteller vorgegebene Leistung erzielt werden könnte.

Was muss vor der Messung beachtet werden?

Sofern zuvor Stadt- oder Autobahnfahrten gemacht worden sind, sollte das Fahrzeug ein wenig auskühlen, da durch die eventuelle Überhitzung ein anderes Kennfeld gefahren werden könnte, was wiederum das Ergebnis beeinflussen kann.

Sämtliche Betriebsmittelstände und der Reifenluftdruck müssen vor Beginn der Messung kontrolliert und ggf. korrigiert werden. Ebenso ist auf Undichtheiten an den Aggregaten zu achten.

Referenzwerte von der Straße (Ladelufttemperatur usw.) sind vor Leistungsmessung unbedingt einzuholen.

 

Welchen Sprit solch im Zuge der Leistungsmessung tanken?

Um realistische Wert zu erzielen, ist immer die vom Hersteller (oder Tuner) angegeben Oktanzahl zu tanken. Wenn ein Hersteller z.B. 91 oder 95 Oktan angibt, dann ist hier die höhere Oktanzahl zu wählen, da diese auch bei den Herstellerangaben getankt wurde.

Grundsätzlich ist das ganz einfach. Höhere Oktanzahl = mehr Leistung.

 

Welcher Referenzwert ist ausschlaggebend für eine Messung unter Realbedingungen?Da die meisten Fahrzeuge heutzutage bereits mit einem Turbolader versehen sind, ist die Ladelufttemperatur (= Ansaugtemperatur nach Turbolader und vor Eintritt in den Ansaugkrümmer) entscheidender Faktor zur Erzielung der vom Hersteller angegebenen Leistung.

Die meisten Leistungsdiagramme spiegeln die Ansauglufttemperatur (vor Turbo) wieder, welche aufgrund der teilweise komplexen Aerodynamik und Luftführungen der Fahrzeuge nicht unbedingt ein Referenzwert zur Ladelufttemperatur darstellt.

Dies bedeutet, dass im Fahrbetrieb (mit Fahrtwindkühlung) die Luft anders in den Ladeluftkühler des Fahrzeuges eindringt als mittels Gebläse am Leistungsprüfstand.

Aber wie hoch darf bei dem zu prüfenden Fahrzeug die Ladelufttemperatur sein?

Grundsätzlich könnten diese Angaben in den technischen Daten des Herstellers hinterlegt sein. Da ich dies allerdings bis dato noch nie beobachten konnte, muss diese unter Realbedingungen ermittelt werden.

D.h. vor Beginn der Leistungsmessung muss das Fahrzeug auf der Straße unter Realbedingungen gefahren werden und mittels Diagnosegerät die Ladelufttemperatur aufgezeichnet werden.

Eine realistische Messung ist allerdings im Stadtverkehr nicht möglich und somit muss das Fahrzeug auch Überland bewegt werden.

Im Bild 1 sehen sie eine Aufzeichnung einer Ladelufttemperatur bei einem 2 Liter Turbo Benziner Fahrzeug, welches vom Hersteller mit 202 kW (275 PS) angegeben ist.

Im Stadtbetrieb wurden hier bis zu 50 Grad Celsius Ladelufttemperatur erzielt, da hier die Kühlung des Ladeluftsystems nicht ordentlich funktionieren kann.

Die Realwerte Überland liegen bei dieser Messung bei 30 – 45 Grad Celsius.

Dieser Wert darf bei maximaler Motorleistung nicht überschritten werden, da sonst die Werte verfälscht sind.

Dies bedeutet wiederum, dass in diesem Ladelufttemperaturfenster das Fahrzeug am Leistungsprüfstand die vom Hersteller angegebene Leistung von 202 kW (275 PS) erzielen sollte.

Nach dieser Ermittlung der realen Ladelufttemperatur des Fahrzeuges kann das Fahrzeug nun auf den Leistungsprüfstand festgezurrt oder festgekettet  werden und nach der Einrollphase und Konditionierung kann die Leistungsmessung mit gleichzeitiger Ladelufttemperaturüberwachung kann erfolgen.

Viele von Ihnen die schon einmal eine Leistungsmessung an Ihrem Fahrzeug durchführen haben lassen und dabei waren, werden nun merken dass nur die wenigsten Prüfungen so durchgeführt worden sind.

Manche Tuner oder Werkstätten mit Leistungsprüfständen sprechen immer wieder von Erfahrungswerten bei Temperaturmessungen, welche sie auf alle Fahrzeuge anwenden.

Dies ist schlicht weg falsch, da konstruktionsbedingt die Ladelufttemperaturen zwischen verschiedenen Fahrzeugmodellen extrem schwanken können und der Hersteller aufgrund dieser Daten die Fahrzeuge abgestimmt hat.

Welcher Gang ist bei der Leistungsmessung zu wählen?

Grundsätzlich sollte die Messung in dem höchst möglichen Gang stattfinden, wobei aber zu beachten ist, dass das Fahrzeug in der Lage sein muss ab einer Startgeschwindigkeit von etwa 50 km/h zu beschleunigen und es sollte nicht in den elektronischen Geschwindigkeitsbegrenzer, welchen viele Fahrzeugmodelle haben, drehen. Dies bedeutet, dass bei einem Fahrzeug mit 6-Gang-Getriebe, welches bei 250 km/h elektronisch abgeregelt ist, der 5.Gang zu wählen wäre.

Des Weiteren darf die erlaubte Höchstgeschwindigkeit des Prüfstandes nicht überschritten werden.

 

Wie funktioniert die Leistungsmessung selbst?

Die Leistungsmessung erfolgt in zwei Schritten.

Im ersten Schritt wird über die Beschleunigung die Radleistung ermittelt. Bei Drehzahlgrenze im Prüfgang muss ausgekuppelt werden (Automatikgetriebe Neutralstufe) um so die Schleppleistung (zweiter Schritt) zu ermitteln.

Addiert man die Radleistung mit der Schleppleistung, bekommt man die Motorleistung als Ergebnis.

Während dieser Messung muss natürlich wieder die Ladelufttemperatur überwacht werden.

Manche Prüfstände haben eine OBD-Anbindung und können auch eine Ladelufttemperaturkurve am Leistungsdiagramm darstellen. Sollte dies nicht der Fall sein, muss dies mittels Diagnosegerät während der Messung aufgezeichnet und/oder überwacht werden.

Das Bild 2 zeigt eine korrekte Messung bei dem oben angeführten Fahrzeug. Während der Messung wurde bei maximaler Leistung eine Ladelufttemperatur von 35 Grad Celsius erzielt. Die violette Linie zeigt die Ladelufttemperatur. Dies bedeutet, dass die Messung unter Realbedingungen erfolgt ist.

Schön ist auch zu sehen, dass die Ladelufttemperatur bei Messbeginn bei etwa 40 Grad Celsius lag, dann stark gesunken ist und danach wieder stark ansteigt.

Bei dieser korrekten Messung wurde eine Leistung von 205 kW (278,7 PS) erzielt. Das Fahrzeug liegt als leicht über den Herstellerangaben.

Bei Bild 3 wurde die Kühlung zurückgenommen und die Ladelufttemperatur liegt bei maximaler Leistung bereits bei über 50 Grad Celsius. Man beachte auch, dass die Ansauglufttemperatur sogar ein wenig geringer ist, als bei der ersten Messung. Siehe da die vom Hersteller angegebene Leistung kann nicht mehr erzielt werden. Ergebnis: 195,6 kW (265,9 PS)!

                 

Bild 4 zeigt eine Leistungsmessung mit fast gar keiner Kühlung. Ergebnis: Fast 70 Grad Celsius Ladelufttemperatur und eine Leistung von nur noch 190,1 kW (258,5 PS)!!

Nochmals möchte ich hier betonen, dass es sich bei allen 3 Messungen um das gleiche Fahrzeug und den gleichen Prüfstand gehandelt hat. Nur wurde beim ersten Mal unter Realbedingungen gemessen und bei den beiden anderen Messungen nicht.

Sie sehen also, dass bei einer Leistungsmessung die zuvorige Ermittlung der Realbedingungen des Fahrzeuges unumgänglich ist.

Zusammenfassend bedeutet dies, dass Leistungsmessungen ohne Ermittlung und Einhaltung der Realbedingungen der jeweiligen Fahrzeuge nur gewürfelte Werte ohne Aussagekraft sind!

Dies soll natürlich nur eine kleine Übersicht sein, wie eine Leistungsmessung vorgenommen werden sollte. Grundsätzlich gibt es hier noch sehr viele Dinge und Faktoren, welche zu beachten sind um die genaueste Messergebnisse erzielen zu können.